Wurst oder Käse? – Über Pseudo-Wahlmöglichkeiten

Um ein Ziel zu erreichen, kann es helfen, wenn wir andere nur scheinbar vor eine echte Entscheidung stellen …

Während meiner Schulzeit hörte ich von meiner Mutter jeden Morgen dieselbe Frage: »Magst du lieber Wurst oder Käse aufs Pausenbrot?« Egal was ich sagte: Regelmäßig packte ich in der Pause das genaue Gegenteil von dem aus, was ich mir gewünscht hatte. Wenn ich meine Mutter einmal nach dem Grund dafür fragte, sagte sie meist so etwas wie »Ich hatte aber nur noch Wurst« oder »Der Käse musste weg«. Sie frage mich zwar der Form halber nach meinem Wunsch, meine Antwort aber war ihr herzlich egal.

In den Monaten nach einer politischen Wahl muss ich heute manchmal an meine Pausenbrote zurückdenken. Wenn die ersten Wahlversprechen gebrochen werden oder Einschränkungen kommen, wie »Leider können wir die Steuern doch nicht senken, sondern müssen sie angesichts der Wirtschaftslage erhöhen.« Manche Wahl, die vorgibt, eine zu sein, ist eben nicht wirklich eine.

Aber in meiner Schulzeit kam es noch dicker: Zusätzlich zum Brot packe mir meine Mutter nämlich auch immer noch einen halben Apfel mit ein. Ich habe ihr gesagt, dass ich Äpfel hasse. Aber das half nichts. Sie meinte nur »Obst ist gesund!« Während meine Klassenkameraden eine leckere Schoko- oder Vanillemilch schlurften, kaute und würgte ich auf meinem Apfel herum. Als ich kürzlich einmal meinem Sohn davon erzählte, kommentierte er das mit den Worten: »Mann, Papi, warst du blöd. Ich hätte den Apfel einfach weggeschmissen.« Ich Trottel war dazu einfach zu brav!

Da ich jetzt weiß, wie mein Sohn »tickt«, mache ich es natürlich anders, wenn ich ihm ein Stück Obst unterjubeln will. Ist schließlich gesund … Um ehrlich zu sein: Auch ich biete ihm keine wirkliche Entscheidungsmöglichkeit, sondern nur eine Pseudo-Wahl. Ich mache es so, dass ich die zur Auswahl stehenden Alternativen einschränke. Ich frage zum Beispiel: »Möchtest du eine Kiwi oder eine Grapefruit?« oder »Möchtest du Erdbeeren, Kirschen oder einen Pfirsich?« Die Option »kein Obst« gehört nicht zu den Auswahlmöglichkeiten. Ich frage also nicht »Möchtest du ein Obst als Nachtisch?« oder »Möchtest du Obst oder lieber ein Eis?«

Auch das macht die Politik oft ähnlich mit ihren angeblich »alternativlosen« Entscheidungen.

So langsam verstehe ich die Redensart von »Vater Staat«.

 

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