Schönwetterbericht – Über die Glaubwürdigkeit von Wettervorhersagen

Die Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit und Genauigkeit unserer Wettervorhersagen hängt nicht zuletzt davon ab, wer sie herausgibt, und welche Ziele der Herausgeber verfolgt …

Heute will ich die Außenwand unserer Garage neu verputzen. Die alte Fassade bröckelt schon gewaltig. Nachdem die letzten Tage vom Wetter her ziemlich durchwachsen waren, hat unser lokaler Radiosender für heute paradiesisches Traumwetter versprochen. Trocken und warm, aber nicht zu heiß. Mir ist vor allem das »trocken« wichtig, damit kein Regen den frischen Mörtel gleich wieder von der Wand spült.

Ich stehe früh auf. Der Himmel liegt noch im Dunst, es ist trocken. Ideale Bedingungen. Also mache ich mich ans Werk: Baustelle vorbereiten, Werkzeug holen, die erste Portion Mörtel anmischen. Die Arbeit geht prima von der Hand. Ich bin froh, dass die Sonne noch nicht auf die frisch verputzte Fläche brennt. Dann muss ich mich nicht so beeilen und der Mörtel härtet besser aus. Gegen Mittag bin ich schon fast fertig. Jetzt fehlt nur noch eine Seite.

Nach einer wohlverdienten Pause mache ich mich wieder ans Werk. Noch einmal eine große Portion Mörtel ansetzen, das müsste reichen. 120 Kilo Trockenmörtel mit Wasser mischen – fertig. Ich schalte meine Mischmaschine aus, aber komisch, es wird nicht wirklich still. Wuuum! Nein, das kann jetzt nicht sein! Völlig ausgeschlossen. Heute kann es kein Gewitter geben. Ein Blick nach oben und ich sehe: Der Himmel spricht eine andere Sprache. So eine verpisste, verdammte <zensiert>! Gerade jetzt. Ich Trottel mache vorher noch gemütlich Mittag und rühre frischen Mörtel an. Und jetzt das. Nichts ist abgedeckt. Nichts ist für den Super-GAU vorbereitet. Wenn es jetzt losregnet, geht alles den Bach runter. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Wie von einem Schwarm Hornissen gestochen, renne ich in den Keller. Abdeckplanen holen, mit denen ich wenigstens einen Teil der Wände abdecken will. Als ich die Treppe wieder hoch komme, fallen bereits die ersten dicken Tropfen. Windböen reißen mir die Planen fast aus der Hand. Ich höre mich Flüche rufen, die ich bis dato noch gar nicht kannte. Zu einer solchen Vulgärsprache hätte ich mich nicht für fähig gehalten. In Sturm und Regen klettere ich auf das Garagendach und versuche, mit Brettern und Steinen das obere Ende der Plane so weit zu beschweren, dass diese nicht vom Wind fortgerissen wird. Dann folgt dasselbe Spiel noch einmal unten auf dem Boden. Irgendwie schaffe ich es einigermaßen. Inzwischen bin ich klatschnass. Jetzt erst mal ab ins Haus. Kann ja nicht lange dauern.

Es kann. Nach drei Stunden regnet es noch immer. Der Tag ist gelaufen. Meine 120 Kilo Mörtel sind beim Teufel. Wie werde ich Zeug jetzt nur wieder los? Wenn das aushärtet, habe ich ein größeres und vor allem ein ziemlich schweres Problem. Also hilft es nichts: Ich muss noch einmal raus. Den Mörtel in kleine Portionen aufteilen, die ich später irgendwie entsorgen kann. Mist, und das Werkzeug muss ich auch noch reinigen. Jetzt werde ich zum zweiten Mal nass. »Traumwetter«, haha. Was habt ihr bei eurem Radiosender für perverse Träume?

Seitdem beobachte ich Wettervorhersagen zutiefst argwöhnisch. Dabei ist mir aufgefallen, dass speziell private Radio- und Fernsehsender gerne zu Extremdarstellungen neigen. Genau darauf bin ich hereingefallen! Diese Sender wollen, dass die Menschen untereinander über den Wetterbericht sprechen und dabei natürlich auch den Sender erwähnen. »Auf Radio Blabla 101 haben sie gesagt, dass es morgen über 30 Grad geben soll.« Dann wird es zwar nur 25, aber alle haben darüber gesprochen. Bei den Höchsttemperaturen im Sommer und bei den Tiefstwerten im Winter habe ich mir angewohnt, pauschal immer 10 bis 20 Prozent abzuziehen. Das kommt erstaunlich gut hin. Außerdem neigen Privatsender eher zu übertrieben positiven Vorhersagen als zu übertrieben negativen Vorhersagen. Man möchte schließlich gute Laune verbreiten und nicht miesepetrig wirken – insbesondere im Frühstücksradio. Lässt sich auch beim besten Willen nichts Positives am Wetter finden, schlägt man um ins andere Extrem. Dann werden kleine Schauer zu »Unwettern« oder jahreszeittypische Schneefälle zum »Schneechaos«. Hauptsache, die Hörer finden es aufregend und sprechen darüber.

Interessant war in diesem Zusammenhang auch ein Interview mit einem Meteorologen, das ich kürzlich im Fernsehen sah. Die klare Aussage des Meteorologen war: Eine Langzeitprognose mehrere Tage im Voraus ist abgesehen von wenigen besonders eindeutigen Wetterlagen kaum möglich. Das Problem sei nur: Die Menschen verlangten trotzdem nach einer solchen Vorhersage. Also erfinde man eben mehr oder weniger eine. Nach zwei Tagen hätten die Leute das ohnehin wieder vergessen, beziehungsweise gibt es dann ja auch eine aktuelle Vorhersage mit deutlich besserer Trefferquote.

Die zweite interessante Aussage des Meteorologen war: Die Temperatur lässt sich sehr gut vorhersagen, mit Niederschlägen ist das deutlich schwieriger. Zumal sich Niederschläge örtlich sehr unterschiedlich verteilen können. Während es bei mir den Mörtel von der Wand spült, scheint 50 km weiter vielleicht tatsächlich den ganzen Tag die Sonne.

Für meine Bauarbeiten im Außenbereich habe ich mir seitdem angewöhnt, regelmäßig im Internet auf ein aktuelles Wetterradar zu sehen. Solche Radarbilder bieten zum Beispiel die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender (geeignet sind insbesondere die dritten Programme) auf Ihren Webseiten an. Über ein Smartphone lässt sich das wunderbar auch direkt auf der Baustelle abrufen. So ein Wetterradar zeigt auf einer Landkarte die Stellen, an denen es aktuell regnet. Außerdem lässt sich erkennen, wie stark dort der Regen in etwa ist. In der Regel gibt es alle 15 Minuten ein neues Bild, und man kann diese Bilder als Animation hintereinander abspielen. Auf diese Weise lässt sich wunderbar sehen, in welche Richtung sich ein Regengebiet bewegt, und mit welcher Geschwindigkeit. Damit kann ich sehr gut abschätzen, ob in Kürze ein Regenschauer droht, und ich kann sogar ungefähr sagen, wann er eintrifft. Umgekehrt kann ich auch abschätzen, wann der Regen wieder aufhört.

Unübertroffen in der Genauigkeit ist freilich noch immer die alte Bauernregel: »Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich’s Wetter oder’s bleibt wie’s ist.«

 

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