Online-Shopping für Fortgeschrittene – Über die Tricks der Online-Händler

Beim Online-Shopping können uns die Online-Händler mit noch mehr Tricks übertölpeln als Händler in der realen Welt. Doch wenn wir schlau sind, können wir zurückschlagen …

Jedes Jahr das Gleiche: Die verbleibenden Tage bis Weihnachten werden weniger und weniger, aber je näher die Feiertage rücken, desto weniger Zeit habe ich für den geplanten Einkaufsbummel. Letzte Rettung: Online-Shopping am späten Abend.

Bis heute hielt ich mich für einen einigermaßen cleveren und erfahrenen Online-Käufer:

  • Ich nutze Preissuchmaschinen. Wenn sich dann bei einem vermeintlich günstigen Angebot herausstellt, dass der Preis nur für eine bestimmte Größe oder Farbe gilt, falle ich darauf nicht herein, sondern suche weiter.
  • Ich gehe nicht Billigangeboten auf den Leim, bei denen irgendwelches Zubehör fehlt, weil es der Händler separat verkauft.
  • Ich suche vor dem Bestellen im Internet nach kostenlosen Gutscheincodes, die ich beim Bezahlen einlösen kann.
  • Wenn ich etwas nicht dringend brauche, melde ich mich im Shop meiner Wahl erst einmal für den meist angebotenen Newsletter an. Oft kommt dann nach ein paar Tagen ein Gutschein als Motivation, etwas zu kaufen. Da sage ich dann nicht Nein …

Aber seit heute ist alles anders. Seit heute weiß ich: Nicht ich bin clever, sondern die Shopbetreiber sind es. Ein berufliches Projekt hat mir einen unerwarteten Einblick in die aktuelle Technik und in die Methoden des Online-Handels gewährt. Das hat meine positive Selbsteinschätzung doch sehr relativiert.

Zuerst mal dachte ich, ich könne beim Online-Shopping den klassischen Verkaufstricks entgehen, wie sie der stationäre Handel einsetzt. Weit gefehlt! Beispiel: Genau wie im Supermarkt wird auch hier das Produkt, das ich kaufen soll, so platziert, dass es zwischen einem preislich leicht günstigeren aber deutlich leistungsschwächeren Produkt steht und einem nur geringfügig besseren aber deutlich teureren Produkt. Aber anders als im Supermarkt bietet die Technik hier ungleich mehr Möglichkeiten, denn die Produkte stehen nicht starr in einem Regal, sondern sind beliebig durch die Shop-Software kombinierbar. Wenn ich also beispielsweise im Shop bereits nach einem bestimmten Rasierapparat suche, wird man mir die Entscheidung für genau dieses Modell dadurch »erleichtern«, dass man mir zwei unattraktive Angebote danebensetzt. Und ich Dummerchen dachte immer, man wolle mir lauter attraktive Angebote machen …

Auch die sogenannte »künstliche Verknappung« von Produkten lässt sich in einem Online-Shop wunderbar automatisieren. »Nur noch 3 Stück auf Lager« oder »5 Kunden interessieren sich gerade für diesen Artikel«, steht dann im Webshop. Dass sich das Lager ein paar Minuten später auf wundersame Weise wieder füllt, merkt ja keiner. Auch Portale für die Buchung von Hotelzimmern machen so etwas gerne; »Nur noch ein Zimmer dieser Preisklasse verfügbar«, heißt es dann. Ich muss zugeben: Auch ich habe meinen Entscheidungsprozess durch derlei Tricks schon »verkürzen« lassen.

Mein größter und naivster Irrtum aber war die Annahme, jeder Artikel habe einen festen Preis. Wie komme ich nur darauf? Ich bin gedanklich noch viel zu sehr in unserer »alten«, realen Welt verhaftet. In der Online-Welt sind ganz andere Dinge möglich! Manche Shops zeigen unterschiedlichen Kunden vollkommen unterschiedliche Preise:

  • Wer den Shop über eine Preissuchmaschine erreicht, bekommt nicht selten einen günstigeren Preis als Besucher, die erst im Shop nach dem Artikel suchen.
  • Wer einen Shop mit einem Tablet-Computer oder mit einem Smartphone ansurft, bekommt oft wesentlich höhere Preise angezeigt als Kunden, die einen Desktop-Computer oder ein Notebook verwenden. Dahinter steht die Erfahrung, dass es Kunden oft eiliger haben, wenn sie ein Smartphone nutzen und daher weniger intensiv die Preise vergleichen. Bei Hotelzimmern wiederum ist es umgekehrt. Hier sind die Preise über das Smartphone mitunter günstiger. Smartphone-Nutzer stehen vielleicht schon vor Ort und gehen sonst einfach weiter in ein anderes Hotel und fragen dort nach einem Zimmer.
  • Die im Online-Shop angezeigten Preise können sogar von dem Betriebssystem abhängen, unter dem ich den Shop besuche. Gewisse Zielgruppen mit besonders hippen Phones zahlen vielleicht mehr als knauserigere Zeitgenossen.

Auch mit Geodaten ließen sich Angebot und Preise wunderbar verknüpfen. Wer in einem Viertel für »Besserverdienende« wohnt, bekommt ganz andere Angebote als Kunden in einem Wohnviertel mit sozialem Wohnungsbau. Keine Ahnung, ob das bereits gemacht wird, aber kein Zweifel: das kommt.

Überhaupt ist das Sammeln von Kundendaten für die Shop-Betreiber außerordentlich interessant. Deshalb versuchen uns auch fast alle Shops dazu zu bewegen, ein Benutzerkonto anzulegen. Spätestens, wenn wir das getan haben, und die entsprechenden Cookies in unserem Browser gespeichert sind, werden wir für den Shop identifizierbar. Die Shop-Software beobachtet uns genau. Wenn wir zum Beispiel den Warenkorb füllen aber den Einkaufsvorgang abbrechen, kann es sein, dass man uns beim nächsten Besuch des Shops besondere Rabatte anbietet. Es kann aber auch sein, dass wenn wir zum wiederholten Male eine Website besuchen, die Preise steigen. Beliebt ist das zum Beispiel bei Flugreisen. Die Software geht dann nämlich davon aus, dass wir ganz dringend dort hin müssen oder wollen.

Spätestens jetzt ist es nicht verkehrt, einmal wieder im Browser alle Cookies zu löschen Die Shops lassen uns nicht in ihre Karten schauen, warum sollten wir das dann umgekehrt ihnen erlauben?

Nachtrag: Trotz aller Technik sollten wir nicht ganz vergessen, dass auch hinter einem Online-Shop Menschen stehen. Warum habe ich eigentlich noch nie versucht, auch vor der Bestellung in einem Online-Shop einen Preisnachlass auszuhandeln? Gerade bei kleineren Shops sei dies oft möglich, verraten mir meine Gesprächspartner noch zum Abschied. Kurze E-Mail genügt. Ich werde es bei Gelegenheit mal versuchen.

 

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