Sonne und Wolken – Über bewölkte Tage mit viel Sonne

Das Wetter hält uns oft zum Narren. Wir fallen auf einfache Täuschungen herein …

Es ist der letzte Sonntag im Juni. Eigentlich müsste jetzt Hochsommer sein, aber in diesem Jahr kommt das Wetter einfach nicht so recht in Gang. Auch heute nicht. Ein Blick zum Himmel macht meine heimliche Hoffnung auf einen entspannten Tag im Freibad zunichte: Fast nur Wolken sind zu sehen, dazwischen ein paar kleine blaue Flecken. Nicht einmal typisch bayrisch weiß-blau ist der Himmel, sondern eher weiß-weiß-grau-blau.

Also gut, dann gehen wir eben auf das mittelalterliche Stadtfest im Nachbarort, auf das meine Frau so gerne möchte. Wenn wir heute das Thema Kultur abhaken, sind wenigstens am nächsten Wochenende wieder See oder Schwimmbad fällig.

Am Zielort angekommen, müssen wir schon weit oberhalb der Altstadt parken. Anscheinend waren wir nicht die Einzigen, die das Wetter heute hierher treibt. Meinen Stadtplan kann ich im Auto lassen, die strömenden Menschenmassen weisen den Weg. Ich fühle mich wie ein Rindvieh beim Alm-Abtrieb.

Unten angekommen, begrüßt uns das bunte Treiben von Gauklern, Spielleuten und Marktständen. Ich muss zugeben: Vor der Kulisse der alten Häuser ist das schon hübsch anzusehen. Inzwischen kommt auch die Sonne gelegentlich zum Vorschein. Eigentlich ist es doch ganz schön warm heute! Meine Jacke habe ich längst im Rucksack verstaut. »Schau mal da drüben sind Schmuckstände«, sage ich nach einiger Zeit zu meiner Frau, mit dem Hintergedanken, sie auf die schattige Straßenseite zu lotsen. Noch während ich spreche, wird mir klar: Das war ein Fehler.

Frauen können beim Betrachten von Schmuckständen sehr geduldig sein. Ich nicht. Aber ich habe jetzt viel Zeit, mich umzusehen. Komisch: Obwohl nach wie vor viele Wolken am Himmel stehen, scheint fast ununterbrochen die Sonne. Es dauert lange, bis für kurze Zeit wieder einmal ein Wölkchen Schatten spendet.

Wie ich so den Himmel und die Wolken beobachte, wird mir klar, warum ständig die Sonne durchkommt, und welcher Täuschung wir hier erliegen: Jetzt, Ende Juni, steht die Sonne sehr hoch. Das Sonnenlicht nimmt also den direkten Weg auf die Erde und wird nur dann durch eine Wolke verdeckt, wenn diese Wolke direkt über uns steht. Testhalber blicke ich senkrecht nach oben. Da sehe ich tatsächlich viel Blau und wenig Wolken. Klar, dass da fast immer die Sonne scheint. Trotzdem wirkt der Himmel bei einem Blick in die Ferne eher bedeckt. Das liegt daran, dass bei dieser Perspektive die Wolken gewissermaßen hintereinander stehen. Der Himmel wirkt also nur dicht bedeckt, ist es aber gar nicht.

»Wollen wir noch einen Kaffee trinken?«, reißen mich die Worte meiner Frau aus den Gedanken. Ich wusste, dass das kommen würde! Dabei wäre ein Kaffee zuhause viel billiger. Außerdem könnte ich dann ins Schwimmbad und meine Frau den Kaffee alleine … »Können wir gerne noch machen«, höre ich mich stattdessen sagen. Aber ich habe den Verdacht, meine Körpersprache hat in diesem Moment meine wahren Gedanken verraten. Meine Frau kennt das schon, lächelt und schweigt.

Die nächste halbe Stunde verbringen wir mit der Suche nach einem freien Tisch. Mit jedem Tropfen Schweiß hadere ich mit meinem Schicksal, jetzt nicht im kühlen Wasser meine Bahnen zu ziehen. Aber auch ich schweige und bemühe mich mit mäßigem Erfolg um eine gute Miene.

Um fünf Uhr sind wir schließlich wieder zuhause. Noch immer scheint fast ununterbrochen die Sonne. Wenn ich mich beeile, könnte ich es tatsächlich noch schaffen, ein Stündchen zu schwimmen! Ich schnappe kurz entschlossen Badehose und Handtuch und verkünde, dass ich jetzt noch ins Freibad fahre. Schnell Fakten schaffen, bevor wieder etwas dazwischenkommt.

Das Schwimmbecken ist wunderbar leer. Offenbar haben sich heute viele Menschen vom Wetter täuschen lassen. Allerdings werden jetzt die Intervalle, in denen die Sonne scheint, zusehends kürzer. Habe ich vorhin noch so geschwitzt? Fast die gesamte Zeit über steht jetzt eine Wolke vor der Sonne. Zufall? Nein! Mit ein wenig Nachdenken hätte ich es wissen können. Jetzt am Abend steht die Sonne viel flacher und das Licht muss einen weiteren Weg durch die Atmosphäre nehmen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es dabei auf eine der »hintereinander« stehenden Wolken trifft, ist viel größer als am Mittag oder als am frühen Nachmittag.

So ziehe ich jetzt also im Schatten meine Bahnen. Aber egal. Hauptsache ich bin doch noch geschwommen. Der Tag ist gerettet!

 

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