Gut Vorheizen – Über vorgeheizte Öfen und angebliche Backzeiten

Auf den Verpackungen heißt es fast immer: Pizza in den vorgeheizten Ofen schieben. Der Hersteller kann dann eine kürzere Backzeit angeben …

Heute war ein anstrengender Tag. Die Familie ist für ein paar Tage in den Urlaub gefahren und hat mich alleine auf der häuslichen Baustelle zurückgelassen. Damit ich mal »ungestört vorankomme« und »nicht immer Rücksicht nehmen muss«. Wie fürsorglich!

Seit heute früh um halb acht laufe ich die Treppen rauf und runter, schleppe, schütte, rühre, verteile, verreibe und glätte den Putz für die Innenwände. Tausend Kilo, Tausend Kniebeugen. Immer im Akkord, bevor das angerührte Material zu fest wird. Gleich ist es acht Uhr abends – und es reicht! Mir zumindest reicht es. Jetzt noch das Werkzeug säubern und dann ab unter die Dusche. Nun klingelt auch noch das Telefon: meine Familie. »Und hattet ihr einen schönen Tag?« … »Ja, mir geht es auch gut.« … »Viel Spaß morgen.« Ach, leckt mich!

Inzwischen ist es fast neun Uhr. Zum Kochen ist es jetzt zu spät. Also muss mal wieder eine Tiefkühlpizza ran. Viele Kalorien in wenig Zeit. Das ist genau das, was ich jetzt brauche. »Fertig in 10 bis 12 Minuten«, verheißt eine große Aufschrift auf der Verpackung. Einfach die Pizza in den vorgeheizten Ofen schieben und wieder rausholen. Da brauche ich nur den Fernseher einzuschalten und ein Bierchen aus dem Keller zu holen, und schon ist sie fertig.

Denkste! Erst den Ofen vorheizen, steht im Kleingedruckten. Na gut. Ich schalte den Ofen ein und hole mein Bier. Der Ofen ist noch immer fast kalt. Von wegen 10 bis 12 Minuten. Ihr habt doch einen an der Waffel, so die Leute zu verkackeiern! Ja, ich weiß schon, das tun fast alle Hersteller von Fertiggerichten. Anscheinend klingen 10 bis 12 geschönte Minuten bei uns Kunden eben doch verkaufsfördernder als 18 bis 20 reale Minuten.

Also stehe ich erst einmal 5 Minuten dumm rum, bis der Ofen warm genug ist. Beim Öffnen der Tür schlägt mir ein Schwall heißer Luft ins Gesicht. Super! Jetzt bin ich geröstet und der Ofen ist innen wieder kalt. Aber langsam ist mir alles egal. Ich bin müde, meine Beine schmerzen. Also verkürze ich mir die Wartezeit und setze mich schon einmal vor den Fernseher. Ich muss für einen Moment eingenickt sein, denn als ich kurze Zeit später hochschrecke, um nach der Pizza zu sehen, ist es zu spät. Die Pizza ist inzwischen dunkelbraun und hart wie ein Zwieback. Aber ich habe Glück. Dem Sonderangebot von letzter Woche sei Dank ist noch ein ganzes Arsenal weiterer Pizzas in der Gefriertruhe. Freie Auswahl von Fungi bis Quattro Stagioni. Diesmal klappt es.

Der nächste Tag verläuft ähnlich hart wie der Erste. Aber ich habe dazugelernt. Heute geht es schneller. Ich heize den Ofen jetzt nicht mehr vor, sondern ich schiebe die noch gefrorene Pizza gleich in den kalten Ofen. Erst danach schalte ich den Ofen ein. Das spart Zeit und Energie, denn die Pizza kann sich schon mit dem Ofen zusammen aufwärmen, und es entweicht auch keine heiße Luft beim Öffnen der Ofentür. Die Pizza wird trotzdem perfekt. Wie viel Energie und CO2 sich auf diese Weise wohl weltweit pro Jahr einsparen ließen, wenn das die Hersteller gleich so auf ihren Verpackungen empfehlen würden?

Ein paar Tage später kommt dann endlich gegen Abend meine Familie wieder zurück. »Hallo Papi!«, ruft mein Sohn zur Begrüßung. »Wir können gleich essen. Wir haben Pizza mitgebracht. Freust du dich?«

 

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