Informationsvorsprung – Über das Erkennen von Lügen

Einen Lügner zu entlarven ist oft gar nicht schwer. Kleine Kennzeichen der Körpersprache oder andere Fehler des Lügners liefern Hinweise auf eine Schwindelei …

Mein Sohn steckt mitten in der Pubertät. Da wird so mache Regel schon mal etwas lockerer ausgelegt oder Fakten in die gewünschte Richtung gebogen. Mich beschleicht gelegentlich das Gefühl, ich bin etwas zu gutgläubig. Nun möchte ich meinen Sohn nicht in seiner Freiheit einschränken, hätte aber manchmal schon gerne einen gewissen, nennen wir es »Informationsvorsprung«. Also habe ich mir heute einmal im Selbststudium einen kleinen Crashkurs zum Thema »Schwindeleien erkennen« gegönnt. Das war ziemlich interessant. Hier ist das Ergebnis:

  • Erst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass alle potenziellen Anzeichen einer Lüge nur Indizien sind, keine Beweise. Wir sollten also niemanden vorverurteilen. Je mehr Indizien aber gleichzeitig auftreten, desto wahrscheinlicher ist eine Lüge.
  • Alle Anzeichen einer Lüge sind im Endeffekt Anzeichen von Stress und Angst. Aber nicht jeder Mensch, der erkennbar unter Stress steht oder Angst hat, muss deshalb auch lügen.
  • Je spontaner eine Lüge erdacht würde, desto leichter ist sie erkennbar. Bei spontanen Lügen ist der Lügner viel schlechter vorbereitet als bei einer lange geplanten. Wenn ich zum Beispiel meinen Sohn spontan frage, warum er bestimmte Hausaufgaben noch nicht gemacht hat, sind die Ausreden viel schlechter, als wenn mein Sohn von sich aus erklärt, warum er statt zu lernen etwas anderes vor hat.
  • Wenn wir die Möglichkeit haben, sollten wir der von uns verdächtigten Person erst einmal ein paar Fragen stellen, die sie wahrheitsgemäß beantworten wird. Dabei können wir das normale Verhalten beobachten. Erst danach stellen wir die wirklich heiklen Fragen und beobachten mögliche Unterschiede im Verhalten zu vorher. Am besten stellen wir die heiklen Fragen als offene Fragen, also so, dass sie nicht einfach mit einem kurzen »Ja« oder »Nein« beantwortet werden können. Je mehr ein potenzieller Lügner reden muss, desto mehr Fehler kann er machen.
  • Als sehr sicheres, aber ohne Übung nur schwer erkennbares Zeichen einer Schwindelei, gilt ein nur wenige Sekundenbruchteile aufflackernder Gesichtsausdruck, der den Worten der Person widerspricht. Beispiel: Unser Gesprächspartner heuchelt Freude, in seiner Miene blitzt aber kurz ein Ausdruck von Missfallen auf. Manchmal ist dieses Aufblitzen so kurz, dass wir die Unstimmigkeit nur intuitiv wahrnehmen. Insofern ist es durchaus richtig, im Hinblick auf das Erkennen von Lügen auch der eigenen Intuition zu vertrauen. In der Fähigkeit Gesichtsausdrücke zu unterdrücken, scheine ich persönlich eine ziemliche Niete zu sein. Meine Frau sagt immer »Deine Mundwinkel haben schon gezuckt«, wenn mir etwas missfällt. Da kann ich dann zum Beispiel noch so oft beteuern, wie gut mir ein Kleid gefällt. Das ist zwecklos.
  • Lügner neigen auch zu einer unvollständigen Mimik (z. B. Mundwinkel nach oben ziehen, ohne dass die Augen »mitlachen«), zu einer übertrieben lange andauernden Mimik und Gestik (wie Schauspieler) oder zu einer asymmetrischen Mimik (z. B. ein Lächeln, bei dem ein Mundwinkel stärker angehoben wird als der andere).
  • Typische körpersprachliche Anzeichen einer Lüge sind ein Berühren der eigenen Hände, des eigenen Gesichts oder des eigenen Halses, ein Verschränken der Arme oder ein deutliches Zurücklehnen. Auf eine Lüge kann außerdem hinweisen, wenn jemand etwas zwischen sich und den Zuhörer stellt, wenn er nervöse Fußbewegungen macht, Kleidung oder Haare zurechtzupft, seine Fingernägel begutachtet oder darauf herumkaut oder wenn er seine Hände oder Beine versteckt. Nach dem Aussprechen der Lüge wird häufig geschluckt, was aber im Umkehrschluss wiederum nicht heißt, dass jedem Schlucken eine Lüge vorausgeht. Wie eingangs schon gesagt: Dies sind alles nur Hinweise, keine Beweise.
  • Auf sprachlicher Ebene kann eine veränderte Stimmlage, insbesondere eine leicht erhöhte Stimme auf eine Lüge hinweisen. Ein zu hoch gequietschtes »Ich?« zum Beispiel, kann viel verraten.
  • Auch Redepausen und alle anderen Versuche, Zeit zu gewinnen sind verdächtig. Zum Beispiel das Wiederholen einer Frage oder das Stellen von Gegenfragen (Beispiele: »Warum ich meine Hausaufgaben noch nicht gemacht habe?« oder »Was meinst du mit ›schon gemacht‹?«). Auch langsameres Sprechen als üblich kann dem Zeitgewinnen und damit der Lüge dienen.
  • Lügner versuchen gerne, dem »heißen Kern« des Themas aus dem Weg zu gehen, zum Beispiel durch ausweichende Antworten, durch das Stellen von Gegenfragen, durch einen raschen Themenwechsel oder durch das Abschweifen in irrelevante Details.
  • Vorsicht ist auch geboten bei Personen, die die Worte »ich« und »mein« vermeiden, oder bestimmte Dinge förmlich leugnen oder behaupten. Beispiel: Auf die Frage »Hast du alle Hausaufgaben gemacht?«, ist die ehrliche Antwort meist ein einfaches »Ja« oder »Hab ich«. Der Schwindler enttarnt sich durch Äußerungen wie »Selbstverständlich habe ich schon alle Hausaufgaben gemacht. Wenn ich das sage, dann ist das auch so. Ehrlich!«
  • Lügner legen sich meist eine fertige Abfolge einer Geschichte zurecht und geben die Geschichte auch streng in dieser Reihenfolge wieder. Wahren Geschichten geht oft erst einmal eine Schilderung der besonders emotionalen Momente voran und die Geschichte wird eher unstrukturiert erzählt.
  • Hakt man an bestimmten Stellen nach, verstricken sich Lügner oft in Unstimmigkeiten. Ein wahres Erlebnis hingegen kann problemlos von jedem beliebigen Punkt aus sofort rekonstruiert werden.

Übrigens: Ein In-die-Augen-Sehen oder ein Vermeiden desselben ist kein taugliches Indiz für eine Lüge. Und noch eine interessante Tatsache: Am Telefon lügen Menschen besonders gerne. Das schafft vermeintliche Sicherheit, weil der Gesprächspartner die Körpersprache nicht deuten kann.

Nun, mein lieber Sohn und meine liebe Frau: Jetzt wo ihr das hier gelesen habt, wisst ihr, dass ihr euch in Zukunft warm anziehen müsst, wenn ihr die Wahrheit einmal wieder beugen wollt.

Nachtrag: Oh mein Gott – was habe ich getan! Jetzt wissen die beiden ja auch, wie sie … wenn ich … Ei-ei-ei.

Nachtrag 2: Jetzt ist es ohnehin schon egal. Da kann ich auch noch mein spezielles Geheimnis verraten, wie eine Lüge garantiert nicht auffliegt: Einfach den Schmarrn, den man erzählt, selbst glauben. Dann passt auch die Körpersprache!

 

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