Gratis? – Über vorgeblich Kostenloses

Wenn uns Gratiszugaben oder besondere Rabatte angeboten werden, sind diese oft das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind …

Ich bin wieder einmal beim Einkaufen unterwegs. Mein Weg führt mich am Kleingebäck vorbei. Jetzt merke ich erst, wie hungrig ich bin. »80 Gramm gratis«, prangt eine Aufschrift in großen roten Lettern auf einer Kekspackung. Das wäre jetzt nicht schlecht, denke ich. Im Duden ist das Wort »gratis« definiert als »unentgeltlich«. Wenn ich das richtig verstehe, heißt das also, dass man für etwas, das gratis ist, nichts bezahlen muss. Ob ich mir einfach meinen Gratis-Anteil aus einer Packung herausnehmen soll? Ich blicke die Regalreihe rauf und runter. Am anderen Ende steht eine Verkäuferin und schaut argwöhnisch in meine Richtung, so als hätte sie mich schon ertappt. Ist ja schon gut, war doch nur ein Gedankenspiel!

Also lege ich die Kekse in meinen Einkaufswagen und gehe weiter. Irgendwie ist jetzt mein Blick aber geschärft und ich staune nicht schlecht, was es heute alles umsonst gibt: zuerst die besagten Kekse, dann 50 Gramm Brotaufstrich, 75 Gramm Ketchup, 20 Gramm Margarine, zwei Zentimeter Wurst, zwei Scheiben Käse, 10 Gramm Shampoo, 6 Päckchen Papiertaschentücher, 1 kg Waschmittel, 100 Milliliter Weichspüler und und und. Für heute würde das glatt zum satt werden und für den täglichen Bedarf reichen.

Aber ich habe ja noch meinen Rabattgutschein aus dem Werbeprospekt, der am letzten Sonntag im Briefkasten lag. Damit bekomme ich heute ohnehin alles etwas billiger. Die langen Schlangen an der Kasse lassen erahnen, dass ich heute nicht der einzige Schnäppchenjäger hier bin.

Ich gehe ganz an den Rand der Kassenzone. Erfahrungsgemäß sind da die Schlangen etwas kürzer. Und tatsächlich: Ich habe Glück. Ich finde eine Schlange mit nur wenigen Kunden vor mir. Aber es kommt, wie es kommen musste. Immer genau da, wo ich mich anstelle, gibt es Probleme. Die Kassiererin telefoniert, gestikuliert, storniert. Das dauert. Endlich geht es weiter. Wieder nur kurz. Dann ist die Kassenrolle leer. Das Ende der neuen Rolle will partout nicht in den Einzug passen. Mein Blutdruck ist inzwischen ungesund hoch. Außerdem ist mir heiß. Endlich bin ich an der Reihe. »Meine Kollegin macht gleich weiter.« Die Kassiererin packt ihre Geldkassette und geht. Jetzt steigt mein Blutdruck auf Rekordwerte.

Aber mir fällt etwas ein: War da nicht einmal ein Schild, auf dem versprochen wurde, dass man einen Einkaufsgutschein über zwei oder drei Euro erhält, wenn man an der Kasse länger als fünf Minuten warten muss? Ich sehe mich um, kann das Schild aber nirgends mehr entdecken. Schade.

Irgendwann sitzt dann die neue Kassiererin schließlich auf ihrem Platz und ist bereit. Endlich. Bevor sie loslegt, reiche ich ihr meinen inzwischen in der Hand etwas feucht und lumpig gewordenen Rabattgutschein. »Die Rabattaktion war nur bis gestern gültig«, quäkt sie belehrend zurück. Zähneknirschend zahle ich den vollen Preis und sehe die Kassiererin dabei so böse an, dass sie mir nicht einmal ein schönes Wochenende wünscht. Ich ihr auch nicht.

Nachtrag: In der darauffolgenden Woche sind die Schlangen an der Kasse wieder angenehm kurz. Und was sehe ich? Das Schild, das den Einkaufsgutschein bei langen Wartezeiten verspricht. Es hängt genau auf der anderen Seite, dort wo die Kassen letzte Woche geschlossen waren. Zufall? Na wartet! Das nächste Mal weiß ich Bescheid.

 

Hat Ihnen dieses Kapitel gefallen? Dann bestellen Sie sich am besten gleich das Taschenbuch oder E-Book. Zum Selbstlesen oder als Geschenk!

Noch unschlüssig?
Hier finden Sie eine Liste aller Themen.

 

Zum Verschenken oder zum
Selbstlesen:

Das E-Book oder das
Taschenbuch.

Hier direkt bestellen