Schmeckt gesund – Über leckeres und über gesundes Essen

Glauben wir den Empfehlungen zur gesunden Ernährung, sind fast alle gut schmeckenden Dinge ungesund. Und die angeblich gesunde Dinge schmecken nicht wirklich …

Heute hat mir auf meiner mehrstündigen Zugfahrt von Nürnberg nach Köln meine Platzreservierung die Gesellschaft zweier junger Damen beschert, wie sie unterschiedlicher kaum sein können. Die eine der Damen sieht ausgemergelt aus, fast ein wenig kränklich. Die Gesichtszüge wirken leicht verbissen. Wenn ich ihren Beruf erraten müsste, würde ich auf Balletttänzerin tippen, vielleicht auch Bibliothekarin. Die andere hat ein eher rundes, freundliches Gesicht und ist etwas füllig. Sie erinnert mich an eine der Erzieherinnen im Kindergarten meines Sohnes.

»Meine sehr verehrten Damen und Herren«, beginnt eine Durchsage, »in unserem Bordrestaurant zwischen der ersten und zweiten Wagenklasse freut sich unser Team auf Ihren Besuch. Wir empfehlen Ihren heute …«. Das zeigt Wirkung. Plötzlich beginnen beide Damen, in ihren Taschen zu kramen. Die »Balletttänzerin« fischt eine Plastikdose mit allerhand Gemüse heraus: Karotte, Gurke, Paprika und so. Die »Kindergärtnerin« fördert ein dick mit Käse belegtes Brötchen und eine zerquetschte Apfeltasche zu Tage.

Beim Essen des Gemüses könnte ich problemlos stundenlang zusehen. Ja ich wäre sogar noch froh, nicht selbst darauf herumkauen zu müssen. Aber das leckere Käsebrötchen und die Apfeltasche beginnen, mir zuzusetzen. Mann, was habe ich jetzt auch für einen Hunger! Schnell wechselt mein Blick zum Fenster. Ich kann ja nicht die ganze Zeit mit sabberndem Mund auf das Brötchen starren. Sonst denkt die Dame noch, ich starre woanders hin. Warum machen mich ausgerechnet die ungesunden Dickmacher so an, während mich das vermeintlich gesunde Gemüse vollkommen kalt lässt? Das ist doch biologisch gesehen vollkommen unlogisch. Oder nicht? Vermutlich bin ich genetisch in erster Linie darauf programmiert, mir Nahrung zu suchen, die mich möglichst gut nährt, die also möglichst kalorienreich ist. Fett und süß also. Klar schmeckt mir der vollfette Käse besser als der fettreduzierte (von dem ich dann im Ausgleich immer die doppelte Menge aufs Brot streiche).

Den »Luxus«, auch noch auf Vitamine und Ballaststoffe zu achten, konnten sich unsere Vorfahren über Jahrtausende einfach nicht leisten. Nicht zu verhungern, war ganz einfach wichtiger. Und genau so tickt mein biologisches Fressprogramm noch heute.

Jetzt riskiere ich einmal wieder einen Blick auf die beiden Damen. Die »Kindergärtnerin« lehnt inzwischen zufrieden und entspannt in ihrem Sitz und hört über Kopfhörer Musik aus ihrem Handy. Die »Balletttänzerin« kaut noch immer mit spitzem Mund auf ihren Paprikastückchen herum. Also soo begeistert scheint die von ihrer Wegzehrung selbst auch nicht zu sein. Zur Ablenkung liest sie ein recht trocken anmutendes Sachbuch. Irgendetwas von »Literaturdidaktik« kann ich auf der Rückseite lesen. Hier wird die Redensart »Der Mensch ist, was er isst« plötzlich greifbar. Vielleicht ist sie ja doch Bibliothekarin.

Auch die Attraktivität der Damen ist irgendwie proportional zu ihrem Essen. Hätte ich nicht bereits eine Mutter für meine Kinder und dürfte – Entschuldigung, müsste – zwischen einer der beiden Damen wählen: Die »Kindergärtnerin« würde klar gewinnen. Um wieder bei meinen biologischen Erklärungsversuchen zu bleiben: Die besser genährte Dame findet offenbar mehr Futter und kann daher die Nachkommenschaft besser versorgen. Entsprechend attraktiver erscheint sie als Partnerin. Warum sonst bleiben so viele Frauen vom Typ »Balletttänzerin« oder »Bibliothekarin« Single, während Frauen vom Typ »Knuddelchen« Mutter werden? Bestimmt ist das kein Zufall. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.

Jetzt habe ich aber lange genug über junge Frauen philosophiert. Wie gut, dass meine Frau nichts davon weiß. Endlich fährt der Zug in den Kölner Bahnhof ein. Ich habe fast eine ganze Stunde Zeit zum Umsteigen. Wie wäre es jetzt mit etwas leckerem Obst, einem Vollkornbrötchen und einem Fläschchen Mineralwasser? Oder doch lieber ein dicker, saftiger, weicher, duftender, herrlich leckerer Hamburger mit Cola?

Nachtrag: Zurzeit mache ich eine Fastenwoche. Ich habe es nicht anders verdient. Zu viele dicke, saftige, weiche … Na Sie wissen schon. Glauben Sie mir: Jetzt würde ich Ihnen sogar eine Karotte aus der Hand fressen.

 

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